Ein Ort,um sich zu finden

Das neueröffnete „GAST.Kloster Serafine“ in Würselen-Broichweiden bietet Menschen Ruhe und Stille

Sr. Martina Magdalena, Leiterin des „Gastklosters Serafine“ freut sich auf Einzelpersonen und Gruppen, die hier Einkehr finden möchten. Dafür steht unter anderem auch ein Meditationsraum zur Verfügung. Dessen Besonderheit sind die Fenster von Ludwig Schaffrath. (c) Monika Herkens
Datum:
Mo. 27. Aug. 2018

Aus der KirchenZeitung, Ausgabe 34/2018

Sr. Martina Magdalena, Leiterin des „Gastklosters Serafine“ (c) Andrea Thomas

Die meisten Ordensgemeinschaften kennen das Problem. Es fehlt an Nachwuchs, die Gemeinschaften werden immer kleiner und älter, bis irgendwann die Frage im Raum steht: Brauchen wir eigentlich noch so viel Platz, und was wird aus unserem Kloster? Die Kongregation der „Schwestern der Liebe vom kostbaren Blut“ in Würselen- Broichweiden hat sich für „kleiner setzen“ entschieden und einen Teil ihres Provinzhauses
in ein Gästehaus für Menschen, die Ruhe suchen, umgewandelt.

Die Klosterkapelle von Haus Serafine, die von den Schwestern ebenso wie dem Seniorenhaus und nun dem Gastkloster genutzt werden soll. (c) Monika Herkens

 n den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kamen die Schwestern nach Broichweiden, wo sie die Trägerschaft, den Aufbau und den Betrieb des neuen Seniorenhauses „Haus Serafine“ (nach Gründerin Seraphine Spieckermann) übernahmen. In den 90er Jahren wurde das Provinzhaus angebaut, und das  deutsche Provinzialat zog nach Würselen. Doch der Nachwuchsmangel machte sich bereits bemerkbar. 1997 mussten die Schwestern die Trägerschaft von „Haus Serafine“ an die Stiftung der Cellitinnen zur heiligen Maria in Köln abgeben. 

Inzwischen leben nur noch elf Schwestern im Konvent neben dem Seniorenhaus. Sr. Martina Magdalena Merkt, die dem Konvent vorsteht, ist mit Mitte 50 die Jüngste, ihre Mitschwestern sind im Alter zwischen Ende 70 und Mitte 90. Die meisten sind immer noch, so wie sie können, ehrenamtlich im Seniorenhaus eingebunden, begleiten Bewohner und Angehörige in Abschiedssituationen oder nehmen sich Zeit für ein Gespräch mit den Senioren.

Doch allen war klar, dass – soll ihr Kloster weiter bestehen – sie etwas verändern müssen. „Wir haben zu viel Raum, den wir eigentlich gar nicht mehr brauchen“, fasst Sr. Martina Magdalena zusammen. Das war der Ausgangspunkt für einen intensiven zweijährigen Überlegungs- und Planungsprozess. „Etwas Ähnliches haben wir schon in unserer Niederlassung in Bad Rippoldsau im Schwarzwald gemacht“, erzählt sie. Auch hier war die Zahl der Schwestern zurückgegangen, Zimmer blieben ungenutzt. Die hätten sie in Gästezimmer für erholungsbedürftige Ordensleute aus der Mission umgewandelt. „Nebendran war eine Kurklinik, weshalb das da gut passte“, erzählt Sr. Martina Magdalena. 

Etwas abzugeben als Gewinn für die Ordensgemeinschaft 

Für Würselen schwebte ihr etwas anderes vor. Aus Gesprächen mit dem Leiter der Würselener Pfarrei St. Sebastian, Pfarrer Rainer Gattys, was die Region als Angebot brauchen könnte, und internen Überlegungen, ist schließlich die Idee zum „Gastkloster Serafine“ entstanden: Sechs schlichte, aber liebevoll eingerichtete Gästezimmer mit eigenem Badezimmer, ein Meditations- und Gesprächsraum, ein größerer Veranstaltungsraum sowie ein neugestalteter „Garten der Stille“ und ein seperater Eingang. Klostergäste sollen mit dem angrenzenden Seniorenhaus nicht in Berührung kommen müssen. Angesprochen werden sollen damit Menschen, die für ein paar Tage Ruhe suchen und sich
zurückziehen wollen und sich vorstellen können, dafür Herberge in einem Ordenshaus zu finden.  Außerdem sollen die Räume für Veranstaltungen, Seminare, geistliche Begleitung oder Exerzitien für Gruppen von maximal zwölf bis 18 Personen genutzt werden können. 

Das Konzept habe auch ihre Mitschwestern überzeugt. Sie alle hätten in ihren beruflichen Tätigkeiten immer wieder mit Menschen zu tun gehabt, die Rückzugsorte gebraucht hätten, um zur Ruhe zu kommen. Dies und „dass wir uns nicht einfach nur kleiner setzen, sondern für etwas“ zu sein sei entscheidend gewesen, diesen Schritt zu gehen, unterstreicht Sr. Martina Magdalena, die das neue Gastkloster leitet. Viele Wege seien für die älteren Schwestern nun auch wieder machbarer geworden, die Gemeinschaft näher zusammengerückt. Etwas abzugeben sei oft auch ein Gewinn.

Keine Auszeit im Kloster, wie man sie klassisch kennt

Sr. Martina Magdalena war außerdem wichtig, dass sich die Idee ohne großen baulichen Aufwand habe umsetzen lassen. „Ich wollte dafür keine Wände versetzen müssen, sondern die Möglichkeiten nutzen, die da sind.“ Mit ein paar geschickten Lösungen, wie Sichtschutz an den Fenstern des ehemaligen  Refektoriums, das nun als Veranstaltungssaal dient, hat die Gemeinschaft ihr Provinzhaus in zwei eigenständige Bereiche getrennt: die Klausur der Schwestern und das Gastkloster. Wer es wünsche, könne
natürlich an den Gebetszeiten der Schwestern teilnehmen, doch ihr Angebot unterscheide sich ansonsten von den Auszeiten im Kloster, wie viele sie kennen. Schon weil es bei ihnen nicht mehrmals täglich Mahlzeiten aus der Klosterküche gibt. Verpflegt werden die Gäste über das Restaurant des Seniorenhauses. Ein eigener Küchenbetrieb wäre zu aufwendig. „Was ich mir aber vorstellen könnte, wären Fastengruppen. Dafür reicht dann auch unsere Küchenausstattung“, skizziert Sr. Martina Magdalena eine ihrer Ideen für die Zukunft. 

Von denen hat sie noch einige, wie zum Beispiel  Einzelexerzitien mit Rhythmus- Atem-Bewegungs-Übungen nach Hanna Lore Scharing. Für letzteres ist sie seit vergangenem Jahr als Lehrerin ausgebildet und dazu bietet sie auch Abendangebote an. Oder die Tagesveranstaltungsreihe „Den Sonntag feiern“ mit biblischen Texten, Leibesübungen, Stillezeiten drinnen oder draußen und einem einfachen Mittagessen. Sie soll im September erstmals stattfinden. Aber da sei noch viel Raum zum Wachsen und Entwickeln, auch orientiert an dem, was Gäste sich wünschten oder nachfragten.Zunächst müsse das Gastkloster aber einmal bekannter werden. Im Laufe des Monats geht ihre Internetseite online, erste Flyer sind fertig und sollen in der Region ausgelegt werden. Wobei viel Werbung eigentlich gar nicht der Überzeugung von Sr. Martina Magdalena entspricht: „Menschen, die uns suchen, finden uns.“ 

Vermutlich liegt sie damit gar nicht falsch, die einladende Atmosphäre des Hauses, die ruhige Lage, der liebevoll gepflegte Garten (in dem, wer mag, auch zur Entspannung mithelfen darf) sprechen für sich. Eine weitere Besonderheit, die die Atmosphäre des Gastkloster prägt, sind die von Glaskünstler Ludwig Schaffrath gestalteten Fenster des Meditationsraums sowie der Klosterkapelle. Zu ihr gibt es keinen direkten Zugang vom Gastklosterbereich aus, um die Schwestern nicht in ihrer Klausur zu stören, doch sie kann und soll genutzt werden können. „Für manche Dinge muss man sich eben aufraffen und auf den Weg machen“, sagt Sr. Martina Magdalena. Und das gilt nicht nur für die Kapelle.